Abt Wilhelm war Schüler von St. Emmeram in Regensburg


Nach dem jahrhundertlangen Verfall der Baukunst im untergehenden Römischen Reich war es die Geistlichkeit, die in den isolierten Klöstern eine neue Kulturepoche erschuf, in der auch die Baukunst wieder gelehrt wurde.

In der Abtei in Hirsau entwickelte sich Anfang der 9. Jahrhunderts eine Bauschule mit der Ausbildung von Architekten, deren Wirkungskreis auf den Bereich der Abteil begrenzt war. Abt Wilhelm kam aus Regensburg am 28. Mai 1069 nach Hirsau, begrüßt von nur 15 Mönchen in einer halbfertigen Klosterkirche. Zielstrebig erreichte er die Unabhängigkeit des Klosters von weltlicher Macht, die er sich 1075 in Rom von Papst Gregor VII persönlich bestätigen ließ.

Abt Wilhelm von HirsauAbt Wilhelm (* um 1030; † 5. Juli 1091) war ein Schüler der Bauschule von St. Emmeram in Regensburg und gilt als erster Baumeister seines Jahrhunderts. Er bildete in seiner Bauschule im Schwarzwaldkloster Hirsau eine große Anzahl von Laienbrüder aus, die in Bautrupps an verschiedensten Orten ausgesandt wurden.

Die sogenannten Meister von Como formten als erste eine Bruderschaft unter dem Patronat der „Vier Gekrönten“ – den römischen Schutzheiligen der Steinmetzen. Um die Mitte des 11. Jahrhunderts durchwanderten diese Architekten von Norditalien aus ganz Mitteleuropa. Sie gaben sich eine ständische Ordnung und unterschieden in ihrem Bund streng zwischen „Mitbrüder“ und Architekten. Sie trugen lederne Fuß- und Beinbekleidung und ähnelten bereits den späteren Berufssteinmetzen.

Dieser Berufsstand entwickelte sich erst im Laufe des 12. Jahrhunderts nachdem der Kirchenbau nicht mehr vorwiegend in Holzbauweise ausgeführt wurde. Um 1150 erfasste der gotische Baustil von Nordfrankreich aus ganz Europa. Es formierte sich ein neuer Berufsstand, der nicht mehr unter klösterlicher Aufsicht stand, sehr wohl deren Statuten übernahm und sich nun zu Bruderschaften zusammenschlossen. Sie wirkten in ganz Europa und begründeten die große Zeit der Steinmetzen, der Bauhütten und der Erschaffung von monumentalen Sakralbauten, wie des Regensburger Doms.

Der Einfluss von Abt Wilhelm lässt sich bei 130 Klöstern nachweisen, bis hin zum Architekturstil, der als „Hirsauer Bauschule“ in die Kunstgeschichte einging.

Bild: Tacitus Media – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=14956748